Hexenprozesse von Salem: Man lud Steine auf ihn, bis er erdrückt war - WELT (2024)

Kopf des Tages Hexenprozesse von Salem

Drei Tage lang lud man Steine auf ihn, bis er erdrückt war

Als in der Puritanergemeinde von Salem 1692 Mädchen hysterische Anfälle bekamen, begann die Jagd auf Satan und seine Helfer. Giles Corey war einer der Verdächtigen. Um sein Schweigen zu brechen, verfiel man auf ein brutales Verfahren.

| Lesedauer: 4 Minuten

Von Florian Stark

Der „Hexenhammer“ legitimierte die Hexenjagd

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Bis zum Winter 1691/92 war der amerikanische Traum für Giles Corey (ca. 1612–1692) in Salem (Massachusetts) einigermaßen in Erfüllung gegangen. Vor etwa 50 Jahren war er aus England in die Neuen Welt gekommen und hatte sich zum Besitzer einer Farm und mehrerer Geschäfte hochgearbeitet. In drei Ehen hatte er Kinder gezeugt, von denen einige, wie auch seine dritte Ehefrau, noch lebten. Nun stand er im biblischen Alter von 80 Jahren, und es sah danach aus, dass er sich in Frieden und Wohlstand auf den Tod vorbereiten konnte.

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Doch im kalten Januar 1692 war damit Schluss, und das kam so: Die junge Betty Parris und ihre Cousine Abigail Williams bekamen hysterische Anfälle. Die Ärzte fanden keine Erklärung dafür. Als einer von ihnen die Vermutung äußerte, der Teufel könne seine Hand im Spiel haben, erfasste die Hysterie die ganze Gemeinschaft. Denn diese bestand überwiegend aus strenggläubigen Puritanern, deren Prediger ausgerechnet Bettys Vater war. Der war überzeugt davon, dass die 500-Seelen-Gemeinde von Salem vom Satan unterwandert worden sei, und setzte alles daran, die Namen seiner Handlanger zu erfahren.

Unter Druck gesetzt, gaben die Mädchen schließlich die Namen von drei Frauen preis: Sarah Good, eine offenbar geistig behinderte Bettlerin, die häufig laute Selbstgespräche führte, Sarah Osborne, eine etwas schrullige alte Dame, sowie Tituba, eine Sklavin der Parris-Familie. Mädchen, die ähnliche Symptome wie Betty und Abigail aufwiesen, bestätigten dies und nannten weitere Namen, die die Spirale aus Verdächtigungen, Fanatismus und Gewalt antrieben.

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Als Ursache der Hexen-Hysterie wurden religiöse Wahnvorstellungen, moralische Verklemmtheit, eine Vergiftung durch Mutterkorn oder Panikattacken angeführt. Schließlich hätte sich die Glaubensgemeinschaft in einer Art Belagerungszustand befunden. Denn das Verhältnis zu den Indianern in der Nachbarschaft war nicht unbedingt das Beste. Und Zuzügler aus England gerieten schnell unter den Verdacht, es mit den theologischen Überzeugungen nicht so genau zu nehmen.

Das führte zu bizarren Situationen. Mit Dorcas Good wurde eine Vierjährige zusammen mit ihrer Mutter verhaftet. Diese erlitt unter den entsetzlichen Haftbedingungen eine Fehlgeburt, bevor sie gehängt wurde. Da Angeklagte, die Auskunft über weitere Teufelsgehilfen gaben, die Chance hatten, am Leben zu bleiben, wurde die Liste der Verdächtigen schnell länger.

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Im März fiel bei den Verhören auch der Name von Martha Corey, Giles’ dritter Frau. Ihr Mann soll den Anschuldigungen zunächst Glauben geschenkt haben, bis auch er als Gefolgsmann des Leibhaftigen identifiziert wurde. Möglich, dass eine Jahre zuvor verhandelte Züchtigung eines Dieners mit Todesfolge dabei eine Rolle spielte. Im Gegensatz zu anderen Angeklagten, die sich, um ihr Seelenheil zu retten, zu Aussagen und sogar Selbstbezichtigungen bereit fanden, verweigerte Giles Corey von nun an jegliche Kooperation.

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Als Grund wird eine Formalie im englischen Strafrecht angenommen, das auch in den nordamerikanischen Kolonien zur Anwendung kam. Wenn ein Angeklagter auf „nicht schuldig“ plädierte, anschließend jedoch „schuldig“ gesprochen wurde, fiel sein Vermögen an die Krone. In seinem Fall rettete es ihn in einem ersten Verfahren vor dem Strang.

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Als Coreys Fall im September 1692 erneut zu Verhandlung anstand, verfiel das Gericht daher auf ein altbewährtes Verfahren, um Giles zum Reden zu bringen. Er wurde entkleidet. Anschließend legte man ihm Bretter auf den Körper, die mit Steinen beschwert wurden. Je länger der Angeklagte schwieg, desto größer wurde das Gewicht gemacht, das auf ihn drückte. Außerdem erhielt er nur noch wenige Schlucke Wasser und ein paar Bissen Brot.

Drei Tage lang, bis zum 19. September, soll Giles die Folter weitgehend klaglos über sich ergangen haben lassen. Dabei soll seine Zunge aus dem Mund gepresst worden sein, sodass der Sheriff sie mit einem Stock zurückdrücken musste“, erinnerte sich ein Zeuge. Giles’ letzte Worte sollen „more weight“ (mehr Gewicht) gewesen sein, andere meinten, „more rocks“ oder „Ich verfluche dich und Salem“ gehört zu haben. Drei Tage später folgte ihm seine Frau am Galgen.

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Sie gehörte zu der letzten Gruppe der insgesamt 19 Opfer, die als Hexen oder Zauberer in Salem hingerichtet wurden. Einflussreiche Geistliche aus Boston erlangten beim Gouverneur einen Aufschub der Verfahren, die schließlich allesamt eingestellt wurden. Der Theologe Increase Mather fand dafür den wegweisenden Leitgedanken: „Es wäre besser, wenn zehn als Hexen Verdächtigte entkommen, als dass eine unschuldige Person verurteilt würde.“

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